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Kategorie: Sahara

Überschwemmungen im Sahel – Spendenaufruf von Afrique-Europe-Interact

Von Olaf Bernau, aktiv bei No Lager und Afrique-Europe-Interact

Am 20.9. ist globaler Klimastreik. Umso wichtiger ist es, sich immer wieder vor Augen zu führen, wie der Klimawandel bereits jetzt dramtische Konsequenzen für Millionen Menschen rund um den Globus hat. Beispielsweise gibt es derzeit in mehreren Sahelländern – insbesondere in Mali, Mauretanien und Niger – an verschiedenen Orten heftige Überschwemmungen, von denen über 200.000 Menschen betroffen sind. Die Überschwemmungen haben unterschiedliche Ursachen – darunter die klimawandelbedingte Zunahme von Starkregen im Sahel.

Leider sind auch einige unserer bäuerlichen Mistreiter*innen im Office du Niger in Mali betroffen – das Office du Niger ist eine riesige Bewässerungsregion von ca. 100.000 Hektar, in der es in den letzten 10 Jahren in großem Stil zu Landgrabbing gekommen ist.

Das ist der Grund, weshalb wir uns freuen würden, wenn der von unserem transnationalen Netzwerk Afrique-Europe-Interact veröffentlichte Spendenaufruf von möglichst vielen Leuten auf dieser Liste weitergeleitet und natürlich auch gerne praktisch berücksichtigt würde…

In diesem Zusammenhang möchten wir insbesondere auf zwei kurze Videos hinweisen, die wir anässlich der Überschwemmungen zusammen mit unseren bäuerlichen Mitstreiter*innen im Office du Niger erstellt haben (bambara mit deutschen Untertiteln):

Video zu den Überschwemmungen im Dorf Marka Bassi

Video zu Überschwemmungen im Dorf Diabaly Coura

Für Rückfragen, Hinweise oder Kommentare sind wir jederzeit gerne zu haben…

Schöne Grüße,

Olaf Bernau (Afrique-Europe-Interact)

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04.09.2019: Spendenaufruf von Afrique-Europe-Interact

Massive Überschwemmungen in Mali +++ 130.000 Menschen betroffen, vor allem bäuerliche Haushalte +++ Zerstörte Hütten, Felder und Ernten, steigendes Malariarisiko +++ Ursachen: Schlechte Infrastruktur, mangelhafte Wartung von Kanälen und Klimawandel +++

Seit Ende Juli ist es in Mali zu massiven Überschwemmungen gekommen. Betroffen sind Orte im gesamten Land, selbst im Norden, der zur Sahara gehört. Im Zuge der Überschwemmungen sind tausende Lehmhütten zusammengebrochen, auch Erntevorräte und Felder mit Reiskulturen wurden zerstört, außerdem hat sich das in der Regenzeit ohnehin hohe Malariarisiko einmal mehr zugespitzt. Einer der geographischen Schwerpunkte ist das Office du Niger, ein Bewässerungsgebiet 300 Kilometer nord-östlich der Hauptstadt Bamako. Im Office du Niger arbeitet unser transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact mit der bäuerlichen Basisgewerkschaft COPON zusammen. Über diesen Kontakt haben wir nicht nur zahlreiche Berichte aus erster Hand erhalten, sondern auch Bilder und Videos. Gerade die Bilder und Videos sind aus unserer Sicht bedeutsam. Denn sie vermitteln einen halbwegs realitätstauglichen Eindruck davon, was es bedeutet, buchstäblich vor dem sozialen Nichts zu stehen – eine Erfahrung, die gerade in Europa schwer nachzuvollziehen ist.

Verwiesen sei zudem auf einige Bilder, die wir auf unserer Webseite dokumentiert haben, unter anderem von der Fischzucht eines Fischer*innenkollektivs in Bamako, das ebenfalls Mitglied bei Afrique-Europe-Interact ist. Denn durch die Überschwemmungen ist nicht nur ein Teil ihrer Infrastruktur zerstört, sondern auch zahlreiche Fische weggeschwemmt worden. Das ist umso tragischer, als dieses Fischer*innenkollektiv erst vor einigen Jahren mit der Fischzucht begonnen hat. Hintergrund ist, dass die Fischbestände im Niger unter anderem wegen des Klimawandels stark zurückgegangen sind.

Bilder: https://afrique-europe-interact.net/1804-0-Solidaritaet-Ueberschwemmungen-in-Mali-.html

Ausgelöst wurden die Überschwemmungen vor allem durch Bewässerungskanäle, die über die Ufer getreten sind. Wie es dazu kommen konnte, ist jedoch unklar: Die einen bringen das mit Starkregenfällen in Verbindung und werfen die Frage auf, inwieweit das mit dem Klimawandel zu tun hat. Denn Fakt ist, dass sich im Sahel nicht nur die Temperaturen in den letzten Jahrzehnten schrittweise erhöht haben. Vielmehr ist es auch zu grundlegenden Veränderungen in den Niederschlagsmustern gekommen: Insgesamt regnet es weniger, zudem hat sich die Regenzeit um 2 bis 4 Wochen verkürzt. Gleichzeitig hat die Zahl der Starkregen-Ereignisse zugenommen – was insbesondere deshalb schlimm ist, weil der sowieso ausgetrocknete Boden nicht in der Lage ist, die plötzlichen Wassermassen aufzunehmen. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Hinzu kommt, dass gerade im Office du Niger die Kanäle schlecht gewartet werden, sodass das Wasser nicht schnell genug ablaufen kann. Und noch etwas: Im Falle des Dorfes Marka Bassi scheinen auch zwei Großgrundbesitzer eine fatale Rolle zu spielen. Wenn in ihren Kanälen zu viel Wasser ist, leiten sie dieses immer wieder Richtung Marka Bassi ab. Hier scheint offensichtlich das Recht des Stärkeren zu gelten. Einer der Großgrundbesitzer heißt Bakary Togola und ist ausgerechnet Präsident der APCAM, der ständigen Versammlung der Landwirtschaftskammern Malis. Wir betonen das, weil Bakary Togola in den letzten Jahren immer wieder wegen Korruption, Unterschlagung und Sachbeschädigung zum Nachteil anderer Bauern und Bäuerinnen in die Schlagzeilen geraten ist.

Deutlich ist also, dass die aktuellen Überschwemmungen nicht einfach zu erklären sind. Vielmehr kommen ganz verschiedene Faktoren zusammen – vom Klimawandel über unzureichende Infrastruktur bis hin zu Korruption und Misswirtschaft. Und das gilt auch für Bamako. Dort ist das Wasser laut der Fischer*innen von zwei Bergen runtergeströmt, wo zwar Grundstücke verkauft, aber keine Straßen und Abwasserkanäle gebaut werden.

Unabhängig davon dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass die betroffenen bäuerlichen Haushalte in einer äußerst katastrophalen Lage sind. Wir sind daher mit der COPON darüber im Gespräch, ob auch politischer Protest Sinn machen könnte. Nicht nur um Entschädigung und Nothilfe zu fordern, sondern auch um öffentlichkeitswirksam Kritik zu formulieren. Gleichzeitig gilt, dass die Bauern und Bäuerinnen unmittelbar in Not sind. Deshalb möchten wir die Mitglieder der COPON zum frühstmöglichen Zeitpunkt finanziell unterstützen – einerseits beim Kauf von Lebensmitteln, andererseits beim Wiederaufbau ihrer Häuser.

In diesem Sinne rufen wir zu Spenden an Afrique-Europe-Interact unter dem Stichwort „Überschwemmungen in Mali“ auf – online über unsere Webseite oder als Überweisung (das Geld erreicht die COPON unbürokratisch und ohne Zeitverzögerung):

Online:
https://afrique-europe-interact.net/1541-0-Spendenformular.html

Überweisung:
Name: Globale Gerechtigkeit e.V.
Bank: GLS Gemeinschaftsbank
IBAN: DE67 4306 0967 2032 2373 00
BIC: GENODEM1GLS

Eine letzte Anmerkung: Wie die meisten wissen dürften, befinden sich die Sahelländer bereits seit Jahren in einer äußerst schwierigen Lage, unter anderem wegen verschiedener bewaffneter Konflikte. Auch das Office du Niger wird seit 2016 immer stärker in diese Dynamiken reingezogen, nicht zuletzt, weil die islamistische Massina-Befreiungsfront vor allem unter Viehhirten immer stärkeren Zulauf erfährt. In diesem Sinne sind solche Ereignisse wie die aktuellen Überschwemmungen absolutes Gift. Denn gerade die schlechte Verwaltung seitens des Staates ist einer der Gründe, weshalb sich junge Männer bewaffneten Gruppen wie der Massina-Befreiungsfront anschließen. Wer mehr wissen möchte, sei daher auf die Dokumentation einer Tagung verwiesen, die das Netzwerk Fokus Sahel (an dem auch Afrique-Europe-Interact beteiligt ist) im März 2019 unter dem Titel „Wege aus der Gewalt? Gesellschaftliches Engagement im Kontext politischer Destabilisierung und gewaltsamer Konflikte im Sahel“ organisiert hat:

Globaler Streik gegen die Kolonialwährung Franc-CFA, 14.9., Berlin, Pariser Platz, 12h

Am 14.9. finden in zahlreichen Städten Afrikas und Europas Demonstrationen gegen die Kolonialwährung Franc-CFA statt. Auch in Berlin. Wir unterstützen den Aufruf von Afrika-Europa: Gemeinsam stark und Corasol, in denen einige Aktive unseres Netzwerks beteiligt sind, sich der Demonstration anzuschließen.

Während etwa für die Proteste gegen TTIP Hunderttausende mobilisiert werden konnten, hat sich in den vergangenen Jahren kein einziges Mal ein breites gesellschaftliches Bündnis formiert, das öffentlichkeitswirksam gegen die desaströsen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Europa und Afrika – besser bekannt als EPA-Verträge (Economic Partnership Agreements) – Stellung bezogen hätte. Genau dies wäre jedoch zwingend erforderlich gewesen. Denn obwohl gerade mal 10 Prozent der afrikanischen Produkte auf dem Weltmarkt als konkurrenzfähig gelten, sehen die EPA vor, dass die Europäische Union 83 Prozent ihrer Produkte zollfrei nach Afrika exportieren kann. Kein Wunder also, dass der ugandische Handelsexperte Yash Tandon, der den WTO-Prozess seit 1995 kritisch begleitet, sein jüngstes Buch mit dem schlichten Titel „Handel ist Krieg“ versehen hat. Ganz ähnlich bei anderen, nicht minder dramatischen Konfliktlagen: Der seit 1996 andauernde (Bürger-)Krieg im Kongo, an dessen Folgen bereits über 6 Millionen Menschen gestorben sind, hat hierzulande – jenseits einer einschlägig interessierten NGO-Fachöffentlichkeit – kaum politische Auseinandersetzungen zur imperialistischen Rohstoffbeschaffung nach sich gezogen. Und das, obwohl alle Welt ganz genau weiß, dass es im Osten des Kongos nicht zuletzt um Erze wie Coltan geht, ohne die kleine elektronische Geräte wie Smartphones nicht funktionieren würden. Oder die aktuelle Hungerkatastrophe in Ostafrika: Hier bleibt es bezeichnenderweise der NGO medico international überlassen, auf den Zusammenhang zwischen kapitalistischer Interessenpolitik und Hunger aufmerksam zu machen. Von bewegungspolitischer Seite hingegen betretenes oder gleichgültiges Schweigen. 

Den Reichtum Europas würde es ohne Afrika nicht geben. Mit der heuchlerischen Rhetorik der „Entwicklungshilfe“ und des „Infrastrukturaufbau“ haben die europäischen Kolonialmächte oft in brutalster Weise die Naturressourcen des Kontinents geraubt und Menschen dort unterdrückt. Die Staaten Afrikas sind heute offiziell unabhängig aber der Kolonialismus ist lange nicht vorbei: die alten Strukturen und Abhängigkeitsverhältnisse sind weiterhin geblieben. Als weitaus stärkerer Verhandlungspartner ist Europa in der Lage, politische Beziehungen mit Afrika nach eigenen Interessen aufzubauen und aufrechtzuerhalten und den Kontinent weiterhin auszubeuten. Durch wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen behindern die europäischen Länder bis heute die selbstbestimmte Entwicklung des Kontinents.

Einer der wesentlichen Gründe für die „Unterentwicklung“ der Ländern des frankophonen Afrikas ist die Währung Franc-CFA: Sie wurde im Jahr 1945 in den Kolonien Frankreichs eingeführt und ist bis heute ein Überbleibsel des alten Kolonialregimes. Die CFA-Länder sind ihrer Möglichkeiten beraubt, eine eigene Wirtschafts- und Entwicklungspolitik zu betreiben, da sie nur sehr beschränkt auf ihre eigenen Finanzmittel zugreifen können. Heute mit ihrer Währung an den Euro gekoppelt, sind diese Staaten weiterhin den europäischen Staaten und der Eurofinanzpolitik ausgeliefert – obwohl die Erfordernisse für afrikanisches Wirtschaften und Gestalten ganz andere sind, als die der gesättigten Märkte in Europa.

Desweiteren verhindern unfaire Handelsverträge mit der EU die selbstbestimmte Entwicklung von Handel und Produktion in den afrikanischen Ländern. Die von der EU aufgedrückten Freihandelsabkommen EPAs (economic partnership agreements) drohen vor allem die Existenz lokaler Kleinbauern zu zerstören, da sie mit den hochsubventionierten Agrarprodukte aus Europa nicht konkurrieren können. Wieder verwenden die europäischen Staaten die alte Rhetorik von „Hilfe für Afrika“ – jetzt durch Freihandelsabkommen. Jedoch nützen solche Abkommen nur den wirtschaftlich stärkeren „Partner“ und verursachen Arbeitslosigkeit und weitere Schuldenfallen für die schwächeren.

NoBorder. NoProblem für das Recht zu gehen und zu bleiben – hier wie dort, Demonstration mit Afrika-Europa: Gemeinsam stark und Corasol, 14.9.

Für weitere Informationen: Afrique-Europe-Interact und Attac

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